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Kinder müssen verstehen, dass Lernen auch durch Hinterfragen erfolgt

Leo Igwe über die Notwendigkeit, kritisches Denken in Schulen zu lehren.

Kinder müssen verstehen, dass Lernen auch durch Hinterfragen erfolgt

Leo Igwe über die Notwendigkeit, Schulkindern kritisches Denken zu lehren.

Leo Igwe ist Gründer des Centre for Critial Thinking in Nigeria und an der Universität Bayreuth promovierter Religionswissenschaftler sowie langjähriger Vertreter der Humanists International für Westafrika. Foto: John Bagge

Die Verwirklichung einer kritischer denkenden afrikanischen Gesellschaft muss in den Schulen und mit den Schulen beginnen, weil Schulen Räume sind, in denen Werte, Fähigkeiten und Kompetenzen gefördert werden. Schulen sind Orte, an denen die Köpfe von Kindern und Jugendlichen geformt und genährt werden. Es gibt Vorschläge für junge Menschen, kritisch zu denken und Ideen und Überzeugungen zu hinterfragen. Aber Vorschläge sind nur Worte und leere Rhetorik, wenn sie nicht durch Taten und effektive Programme unterstützt werden. Viele haben gegen blindes Vertrauen und den Glauben an überliefertes Wissen gewettert. Sie haben die Bedeutung der Offenheit für neue Ideen und gegensätzliche Standpunkte betont. Aber solche Aufrufe haben sich noch nicht in kritischen Geist verwandelt. Menschen haben gegen eine dogmatische Herangehensweise an Themen, an soziale und kulturelle Normen argumentiert. Aber diese Debatten enden meist als bloßes Gerede und als Spekulationen aus dem Sessel heraus.

Die Gewohnheit, Ideen in Frage zu stellen, ist weithin als wichtig und notwendig anerkannt, um sich in der Flut von Informationen, die den Menschen in ihrem Alltag begegnen, zurechtzufinden und einen Sinn darin zu sehen. Kritisch zu sein wurde als eine notwendige Tugend gepriesen, um Wahrheit von Unwahrheit, gefälschte von echten Nachrichten, glaubwürdige Informationen von Fehlinformationen und Desinformationen zu unterscheiden. Ein kritischer Verstand wurde als ein Vorteil oder eine mächtige Waffe gegen Täuschung, Leichtgläubigkeit und Manipulation durch Betrüger und Schlangenölverkäufer anerkannt. Kritischer Verstand wurde als Gegenmittel zu Fanatismus und Bigotterie bezeichnet. Leider gibt es keine Programme, die sich dem Lehren und Einimpfen von Fähigkeiten zum kritischen Denken widmen, insbesondere in den Grund- und Sekundarschulen. Kritisches Denken taucht zu wenig und zu spät im Verlauf der Ausbildung auf. Und es gibt wenig Appetit, das Bildungssystem zu reformieren, um diese Werte und Empfindungen zu reflektieren. Kritisches Denken wird erst auf der tertiären Ebene gelehrt. Zu diesem Zeitpunkt sind die Köpfe der Studierenden bereits gebildet. Viele Studierende sind weniger offen und selten bereit, Ideen in allen Bereichen des menschlichen Strebens zu hinterfragen. Einfach ausgedrückt: Auf der tertiären Ebene zeigen Studierende einen Widerstand gegen kritische Evaluationen oder sind dazu geneigt, sich ihnen zu widersetzen.

Kritisches Denken sollte ab dem Grundschulalter gelehrt werden

Dieser Widerstand entsteht, weil religiöse Indoktrination die erste Unterrichtsform darstellt, die Kinder bekomme, bevor sie in quasi-religiöse Grund-, Mittel- und Universitätsschulen geschickt werden, um eine formale Ausbildung zu erhalten. Die Erziehung der Kinder lässt also wenig Raum für kritisches Hinterfragen. Es gibt keine Programme, die Kinder und Jugendliche dazu ermutigen, Ideen zu hinterfragen. Deshalb ist es notwendig, kritisches Denken als Fach in Grund- und weiterführenden Schulen einzuführen. Wenn kritisches Denken in der Grundschule gelehrt wird, können Kinder sehr früh lernen, ihre Neugier und Wissbegierde auszuleben.

Kinder müssen verstehen, dass Lernen nicht nur durch Auswendiglernen, sondern auch durch Hinterfragen von Ideen erfolgt. Die Lehrkräfte müssen lernen, dass es beim Unterrichten nicht nur darum geht, den Lernenden Inhalte zu vermitteln, die sie bei Prüfungen wiederkäuen müssen, sondern auch darum, den Lernenden die Möglichkeit zu geben, Inhalte, die im Unterricht vermittelt werden, zu hinterfragen. Die Schulen müssen also ein Fach haben, das sich ausschließlich damit beschäftigt, die Lernenden dazu zu bringen, Fragen um der Fragen willen zu generieren. Im Übrigen ist das, was im Moment in den Klassenzimmern und Schulen passiert, das Generieren von Fragen um der Antworten willen. Kritisches Denken wird zur Verbesserung des Lehrens und Lernens in afrikanischen Schulen beitragen. Es wird helfen, die traditionelle Rolle der Lehrkräfte als Fragensteller*innen und –erzeuger*innen zu entschärfen. Es wird helfen, den Eindruck zu verändern, dass Lernenden als Antwortlieferanten und -geber auftreten.

In einer Klasse, in der kritisches Denken gelehrt wird, sind die Lernenden die Erzeuger*innen von Fragen und die Infragesteller*innen von Ideen und Antworten. Die Rolle der Lehrkraft ist es, die Neugier der Lernenden zu stimulieren und sie dazu zu bringen, Fragen zu stellen, und nicht, Antworten zu geben. Jede vermeintliche Antwort oder Lösung ist Stoff zur Befragung und Hinterfragung. Das Thema kritisches Denken soll die Qualität der Bildung in Afrika verbessern. Die afrikanischen Länder müssen die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um dieses Fach bereits in der Grundschule einzuführen.

Fördern Sie kritisches Denken bei afrikanischen Schulkindern

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